Grundstückgewinnsteuer im Kanton Zürich: Verkehrswert-Rückrechnung und praktische Herausforderungen
- IREM Team
- 20. Mai
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Aktualisiert: 20. Mai

Einleitung
Die Grundstückgewinnsteuer ist eine kantonal geregelte Steuer, die beim Verkauf von Liegenschaften erhoben wird. Im Kanton Zürich wird sie als Sondersteuer auf dem durch den Verkauf realisierten Gewinn erhoben. Die Berechnung des steuerbaren Gewinns kann insbesondere dann komplex sein, wenn Liegenschaften schon lange im Eigentum des Verkäufers sind und die damaligen Verkehrswerte nicht mehr nachvollziehbar sind. In solchen Fällen stellt die Bestimmung des Verkehrswerts vor 20 Jahren eine zentrale Herausforderung dar.
Rechtsgrundlagen der Grundstückgewinnsteuer im Kanton Zürich
Die gesetzliche Grundlage für die Grundstückgewinnsteuer findet sich im Steuergesetz des Kantons Zürich (StG ZH), insbesondere in §§ 216 ff. Der steuerbare Grundstückgewinn entspricht der Differenz zwischen dem Verkaufserlös und den Anlagekosten, welche sich aus dem ursprünglichen Erwerbspreis zuzüglich wertvermehrender Investitionen zusammensetzen.
Eine Sonderregelung betrifft Fälle, in denen keine oder unvollständige Erwerbskosten nachgewiesen werden können – insbesondere bei unentgeltlichen Erwerbungen (z. B. Erbschaft oder Schenkung) oder lang zurückliegenden Käufen ohne Belegnachweis. In diesen Fällen wird häufig auf eine Schätzung des Verkehrswerts zum damaligen Zeitpunkt zurückgegriffen.
Berechnung des Verkehrswerts vor 20 Jahren
1. Indexierte Rückrechnung
Diese Methode nutzt den Zürcher Liegenschaftenpreisindex zur zeitlichen Rückrechnung des aktuellen Verkehrswerts:
Verkehrswert alt = (Verkehrswert heute × Index vor 20 Jahren) / Index heute
Diese Methode ist einfach anwendbar, basiert aber auf Durchschnittswerten, die die spezifische Entwicklung einer einzelnen Liegenschaft nur grob abbilden.
2. Vergleichswertmethode
Hierbei wird versucht, anhand vergleichbarer Objekte, die zur damaligen Zeit gehandelt wurden, den historischen Wert zu ermitteln. Datenquellen sind etwa Grundbuchauszüge, historische Kaufverträge oder Marktanalysen.
3. Schätzung durch Experten
Ein Liegenschaftenschätzer kann den Verkehrswert auf Basis damaliger Baukosten, Lagequalität und Nutzungsart rückblickend schätzen. Diese Methode wird häufig bei Spezialfällen oder bei fehlenden Vergleichswerten eingesetzt.
Problemstellungen bei der Umsetzung
1. Datenverfügbarkeit und -genauigkeit
Oft fehlen für Liegenschaften aus der Zeit vor 20 Jahren belastbare Kaufpreisunterlagen oder Marktvergleiche. Dies betrifft besonders Altliegenschaften, erblich übertragene Immobilien oder Verkäufe innerhalb der Familie.
2. Bewertungsmethodik
Die Wahl der Bewertungsmethode ist entscheidend – je nachdem, ob indexiert oder vergleichsbasiert vorgegangen wird, können sich relevante Unterschiede im steuerbaren Gewinn ergeben. Das führt häufig zu Abweichungen zwischen Steuerpflichtigem und Steuerbehörde.
3. Zeitliche Diskrepanz bei Investitionen
Wertvermehrende Investitionen, die zwischen Erwerb und Verkauf getätigt wurden, sind nachzuweisen. Ohne lückenlose Belege kann der steuerbare Gewinn erhöht werden, da der ursprüngliche Wert unterschätzt wird.
4. Steuerstreitigkeiten
Die rückwirkende Verkehrswertbestimmung birgt hohes Konfliktpotenzial. Die Steuerbehörde kann bei fehlenden Nachweisen eine Schätzung im Sinne der 'Beweislastumkehr' vornehmen (§ 130 Abs. 2 StG ZH). Dies führt nicht selten zu Einsprache- oder Rekursverfahren.
Praxisbeispiel
Ein Steuerpflichtiger verkauft 2024 ein Einfamilienhaus in Meilen für CHF 2.5 Mio. Die Liegenschaft wurde 2004 für CHF 950'000 erworben, doch es liegen keine Belege über den damaligen Kaufpreis vor.
Die Steuerbehörde verwendet den Zürcher Liegenschaftenpreisindex:
Index 2024: 240 Punkte
Index 2004: 135 Punkte
Rückgerechneter Verkehrswert:
CHF 2'500'000 × 135 / 240 = CHF 1'406'250
Diese Berechnung würde zu einem geringeren Gewinn führen als der tatsächliche Erwerbspreis von CHF 950'000 – sofern er belegbar wäre. Ohne Beleg gilt der höhere, indexierte Wert als Basis.
Fazit
Die Grundstückgewinnsteuer im Kanton Zürich bringt bei Verkäufen mit langer Besitzdauer erhebliche Herausforderungen mit sich. Insbesondere die rückwirkende Ermittlung des Verkehrswerts stellt sowohl Steuerpflichtige als auch Behörden vor Bewertungsprobleme. Eine transparente Dokumentation der Erwerbskosten und wertvermehrenden Aufwendungen ist essenziell, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich frühzeitig eine steuerliche Beratung oder eine Schätzung durch qualifizierte Immobilienexperten.
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