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«So teuer wie ein Schloss» – was eine Luxuswohnung über die Schweizer Wohnungspolitik verrät

Luxuswohnung
Luxuswohnung

Als 20 Minuten im Dezember 2016 ein Online-Inserat mit der Schlagzeile «Diese Wohnung ist so teuer wie ein Schloss» aufgriff, staunten selbst abgeklärte Zürcher*innen: Der Preis für die beworbene Penthouse-Wohnung lag im hohen einstelligen Millionenbereich, das entsprach weit über 20 000 Fr./m² – mehr als zahlreiche historische Adelssitze in der Provinz gekostet hätten.


Seither hat sich der Markt nicht beruhigt. Der Schweizerische Wohnimmobilienpreisindex (IMPI) des Bundesamts für Statistik steht heute bei 120 Punkten (Basis Q4 2019 = 100) – ein Plus von 20 % in nur fünf Jahren. Eigentumswohnungen verteuerten sich zuletzt sogar um +3 % in einem einzigen Quartal.


Zwar signalisiert der UBS Swiss Real Estate Bubble Index aktuell «nur» ein moderates Blasenrisiko (0,29 Punkte), doch die Preise steigen weiterhin schneller als die Einkommen. Parallel dazu kletterten die Angebotsmieten laut Wüest Partner im ersten Quartal 2025 nochmals um 3,5 % gegenüber Vorjahr – trotz gesenktem Hypothekar-Referenzzins.


1. Warum Luxusangebote das Bild verzerren


Solche Multimillionen-Inserate sind statistisch unbedeutend – sie machen kaum ein Promille des Transaktionsvolumens aus. Doch sie wirken psychologisch:


  • Ankereffekt

    Spitzenpreise setzen das mentale Preisband nach oben, was sich über Vergleichsportale rasch auf mittlere Segmente überträgt.


  • Signal für Knappheit

    In einem Land, das laut OECD schon 2021 das höchste Wohnpreisniveau Europas hielt, werden Luxusobjekte zu Symbolen eines generellen Mangels und nähren politische Forderungen nach Regulierung.


2. Die strukturellen Gründe hinter den Fantasiepreisen


Treiber:

  • Baulandknappheit: +30–40 %

  • Steuer- und Währungsattraktivität: +10–15 %

  • Fragmentierte Zuständigkeiten: schwer quantifizierbar

  • Niedrige Realzinsen (2015–2023): +25 %

  • Hohe Bau- und Energiestandards: +5–10 %


3. Folgen für die öffentliche Hand


Die öffentliche Hand – Bund, Kantone, Städte – steht vor einem Dilemma:

  • Finanzielle Last: Steigende Bau- und Sanierungskosten sprengen die Investitionsbudgets.

  • Sozialer Auftrag: Günstiger Wohnraum gerät in Konkurrenz zu renditeorientierten Projekten.

  • Klimaziele: Net-Zero-Strategien verlangen hohe Vorinvestitionen.


4. Strategische Handlungsoptionen


  • Aktive Bodenpolitik: Dämpft Bodenpreise, schafft Einfluss auf Miethöhen.

  • Verdichtung & Aufstockung: nutzt Infrastruktur effizient, senkt Flächenverbrauch.

  • Öffentlich-Private Partnerschaften (PPP): Hebt privates Kapital, teilt Risiko.

  • Förderung von Genossenschaften: stabile Mieten, soziale Durchmischung.

  • Nachhaltigkeitszertifikate: langfristiger Werterhalt, Betriebskosten sinken.


5. Empfehlungen


  1. Transparenz statt Tabus: Luxusfälle sollten Anlass sein, regionale Preisstatistiken offen zu legen.

  2. Portfolien differenzieren: Immobilien nach Zweckkategorien steuern.

  3. Sanieren vor neu bauen: Höherer CO₂-Effekt pro investiertem Franken.

  4. Baurechte ausweiten: günstige Initialmieten ohne Subventionitis.

  5. Datenbasiertes Miet-Monitoring: Stillstandsrenten aufdecken und sozial verträglich modernisieren.


6. Fazit


Die skandalös teure Penthouse-Offerte von 2016 war kein Einzelfall – aber auch kein Symptom einer plötzlich irrwitzigen Preisdynamik, sondern der sichtbarste Zipfel eines systemischen Problems: begrenztes Bauland, steuerlicher Standortwettbewerb, Anlegerdruck und ein politisch fragmentiertes Bau- und Zonenrecht.


Wer diese Mechanik ignoriert, bekämpft nur Schlagzeilen, nicht Ursachen. Eine zukunftsfähige Immobilienstrategie der öffentlichen Hand muss deshalb Bodenpolitik, nachhaltige Sanierung und soziale Durchmischung zusammendenken – sonst bleibt selbst eine durchschnittliche Stadtwohnung so teuer wie ein Schloss.

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